Zum Inhalt
08. September 2024

Inseltagebuch - Der Höllentrip

Screenshot von der Hafen-Webcam in Wittdün - Ich auf der Fähre ohne zu ahnen, was der Tag für ein Chaos bringen würde ...

Was für ein Chaos! Die Rückreise meiner 20. Reise zu meiner Insel war die mit Abstand chaotischste (ein Superlativ der ausgeschrieben seht seltsam aussieht), die ich je erlebt habe. Unfassbares Chaos und ich bin mir wirklich nicht sicher, ob einige Erklärungen der Deutschen Bahn nicht doch einfach nur Ausreden sind.

Der Reihe nach …
Am Morgen der Abreise so gegen 5:00 Uhr habe ich von meiner Ferienwohnung die einschlägigen Seiten gecheckt.

Fähre … keine Besonderheiten … OK
Regionalverkehr der Bahn … keine Besonderheiten … OK
FlixTrain … keine Besonderheiten … OK

Also ging es zur Fähre und dann mit der kleinen Bimmelbahn der NEG von Dagebüll nach Niebüll. Und dann ging das Chaos los.
Als ich im Bahnhof in Niebüll ankam und auf die Anzeigetafel geschaut habe, ahnte ich schon, worauf das hinauslief. Alle Züge Richtung Hamburg, Fern- und Nahverkehr, waren gecancelt. Angeblich wegen eines Brandes in einem Stellwerk in Elmshorn. Ich schreibe bewusst “angeblich”, weil sich den ganzen Tag weitere Ungereimtheiten ergaben, die zu dieser Erklärung nicht passen. Wer vielleicht die Nachrichten gesehen hat, der hat als Ursache für die bundesweiten Störungen ein Problem mit der Technik rund um Frankfurt genannt bekommen. Von Elmshorn zunächst keine Rede.

Nicht nur in Frankfurt Probleme bei der DB - in Norddeutschland ging nicht mehr ...
 ⧉

Naja, jedenfalls galt es jetzt zu improvisieren. Über die DB Navigator APP habe ich dann erstmal geschaut, was sich bewerkstelligen lässt. Vor einigen Jahren war ich schon einmal in einer ähnlichen Situation - da habe ich über eine Busfahrt nach Flensburg und Nutzung der "östlichen" Bahn-Strecken in Schleswig-Holstein nach Hause gefunden. Das war diesmal aber nicht möglich, da sich das Nadelöhr weiter sündlich befand. Ich habe im DB Reisezentrum nachgefragt, was denn jetzt die bessere Strategie sei … nach Husum und dann weiter nach Schleswig Richtung Neumünster und von dort dann nach Hamburg oder - die andere Alternative, Richtung Itzehoe mit einem ähnlichen Ersatzverkehr - beide Varianten versprachen nichts Gutes. Ich bin dann in den RegionalExpress gestiegen, den ich eh genommen hätte, dessen Fahrt aber schon in Husum endete. Dann nach einer Stunde Aufenthalt mit der nächsten Bahn nach Schleswig. Von Schleswig dann nach Neumünster mit dem Gedanken, meine dort wohnende Patentante vielleicht zu treffen. Aber der Gedanke war viel zu entspannt - in Neumünster herrschte das blanke Chaos. Es waren locker 1.500 Menschen an dem kleinen Busbahnhof in Neumünster, die sich in einer Art “Schlange” an einem Bussteig platziert hatten, wo der Schienenersatzverkehr in Form von eilig bestellten Reisebussen eingerichtet worden war. Sobald sich ein Bus blicken ließ, der nach Schienenersatzverkehr aussah, strömten die Massen dorthin. Bei der Masse an Menschen - in Neumünster kamen ja permanent die Menschen aus Sylt, den anderen Inseln (einer wie ich), aber auch aus Kiel und Flensburg an - wurden die Massen immer mehr und es dauerte sehr lange, bis ein Bus nach dem anderen eintraf. Jedenfalls wurde das Chaos in Neunmünster mehr schlecht als recht von Polizei, Bahnmenschen und Leuten, die Mineralwasser kostenlos verteilten, gemanaged. Nach fast zwei Stunden war ich dann an der Reihe den x-ten Ersatzbus zu besteigen. Der fuhr dann aber nicht nach Hamburg HBF - wäre ja auch zu einfach gewesen, sondern an den Hamburger Flughafen. "Geil", habe ich mir gedacht, "... da wollte ich schon immer mal hin". Von dort dann mit der S-Bahn zum Bahnhof - der ganze Weg von Neumünster bis Hamburg locker nochmal vier Stunden Zeit, inklusive Warterei. Der Flixtrain war natürlich nicht zu erreichen und ich habe den dann über die App storniert. Aber in der S-Bahn habe ich dann einen ICE von Hamburg nach Köln gebucht - ich hatte den größten Teil meiner Reise ja noch vor mir.

Der Hamburger Hauptbahnhof, den ich dann gegen 16:00 Uhr erreichte, zeigte das ganze Chaos in Form von völlig überfüllten Bahnsteigen. Herauszufinden, an welchem Gleis mein ICE (natürlich mit 40 Minuten Verspätung) einfahren sollte, war reine Glückssache. Die Anzeigetafel im Bahnhof zeigte Gleis 14, die Bahn-App auf dem Smartphone erst gar nichts, dann Gleis 12, der Bahnmensch erzählte mir etwas von Gleis 11 und der Zug fuhr dann schliesslich auf Gleis 13 ein.

OK dachte ich, jetzt geht es endlich los. Der ICE fuhr los, nur um dann in einem beschaulichen Dörfchen namens Ottersbach nochmal 1 ½ Stunden stehen zu bleiben. Angeblich wegen spielenden Kindern auf den Gleisen, was angesichts der Tatsache, dass auf dem Nebengleis die Züge aus der anderen Richtung kommend munter weiterfuhren, wie eine dumme Ausrede erschien und so auch wahrgenommen wurde. Das wiederum hatte vermutlich mit dem anderen großen Problem in Frankfurt zu tun, mit dem die Bahn auch noch zu kämpfen hatte.

Um 18:30 Uhr fuhr der Zug dann weiter und mir wurde klar, dass mein Plan gegen 19:30 zu Hause zu sein um dann noch gemütlich beim Penny einkaufen zu gehen, für´n Arsch war. Der Penny hat zwar bis 22:00 Uhr geöffnet, aber das war völlig unrealistisch. Der Zug fuhr dann ohne größere Probleme bis nach Köln-Deutz, wo ich gegen 22:30 Uhr angekommen bin. "Jetzt habe ich es fast geschafft", habe ich mir gedacht und ging zum Gleis wo die S-Bahnen abfuhren. Aber da fuhr keine S-Bahn. Zumindest nicht nach Troisdorf. Das war jetzt allerdings kein akutes Problem sondern diese Maßnahmen waren bereits bekanntgegeben worden - aber das war an mir vorbeigegangen. Die S-Bahn wird ja hier in einem riesigen Projekt weiter ausgebaut und das passiert an den Wochenenden - auch hier war ein Schienenersatzverkehr (mein persönliches Wort des Jahres) eingerichtet. Der befand sich weit außerhalb des Bahnhofes in Deutz, aber der galt gestern Abend anscheinend nicht für Troisdorf. Ich habe keinen Bus ausfindig machen können, der nach Troisdorf fuhr. Jetzt war ich endgültig entnervt, bin zurück zum Deutzer Bahnhof und in ein Taxi gestiegen. Teuerer Spaß, aber ich hatte die Schnauze vol. Ich darf gar nicht an die armen Menschen denken, die noch viel weiter fahren mussten (der Endhalt der ICEs war München).

Ich kann also über Flixtrain heute gar nichts schreiben. Mein Ticket dort konnte ich ja gar nicht in Anspruch nehmen. Stattdessen musste ich statt der 15,-EUR (die ich übrigens bei FlixTrain” direkt per App erstattet bekommen habe), ein DB Ticket zum propagierten "Supersparpreis" (!) von 98,- EUR kaufen. Überhaupt lässt sich das nur mit Sarkasmus ertragen. Als ich im Bord-Bistro des ICE abends als verspätetes “Mittagessen” eine Cola und ein Twix gekauft habe (zusammen 8,50 EUR), weil es nichts anderes mehr gab, da habe ich das für alle laut hörbar mit dem Satz “Och, das iss ja mal ein Schnäppchen” kommentiert. Ich versuche natürlich, das Geld teilweise erstattet zu bekommen. Also für das Bahnticket. Die Cola und das Twix waren natürlich ihr Geld wert :-)

Ärgerlich ist nicht, dass solche Probleme entstehen - da kann man glaube ich oft nichts machen. Wenn so ein Stellwerk defekt ist und die DB von einem Moment auf den anderen den Strom von so vielen Menschen koordinieren muss, ist das sich er kein Alltagsgeschäft, wo man Routine erwarten könnte. Da kann man durchaus mit Verständnis reagieren - Ärgerlich ist nur die Tatsache, dass selbst die Leute von der DB vor Ort überhaupt keine Ahnung hatten, was Sache war. Allein die Rumrennerei in Hamburg auf dem Bahnhof, weil keiner das exakte Gleis nennen konnte, war haarsträubend. Diese Situation hat sich ja auch in den Stellungnahmen der Bahn gestern gezeigt. Man kenne die Ursache des Problems nicht, arbeite aber mit Hochdruck an einer Lösung ... wie soll das denn gehen? Leider wird der gestrige Tag vermutlich wieder unter dem üblichen DB-Chaos verbucht werden und die Nachrichten von gestern, interessieren dann nicht mehr. Der Alltag hat einen wieder und man denkt erst wieder über dieses Chaos nach, wenn die nächste Reise ansteht. Die DB kann auch anders. Als ich vor einigen Jahren mal am Tag nach einer Sturmflut und am Vortag wetterbedingt gestopptem Bahnverkehr in ganz Schleswig-Holstein, nach Hause gefahren war, da waren spontan die Regionalzüge aufgestockt und in Hamburg ein Ersatz ICE bereit gestellt worden. Das hatte super funktioniert - aber vielleicht war das die Ausnahme von der Regel?

Naja, ich bin jetzt nach dem Urlaub erstmal wieder urlaubsreif :-)