Troisdorfer Gedenktafeln
03. August 1973
Tragischer Unfall mit Belgischen Soldaten nahe dem Spicher Mauspfad
Schon im letzten Jahr wollte ich mich ein wenig mehr mit Lokalpatriotismus beschäftigen. Ich mache auf meiner Insel Amrum immer wieder Vergleiche zu der Historie vor Ort und Fotos von der Natur an der Nordsee. Dabei liegt mit der Wahner Heide direkt ein wunderbares Gebiet, perfekt für schöne Fotos, direkt vor der Haustür.
Bei meinen ersten Radtouren sind mir auch einige Erinnerungstafeln aufgefallen zu denen ich ein bisschen mehr recherchiert habe. Es sind genauer gesagt drei Erinnerungstafeln - zu einer von diesen Tafeln gibt es in diesem Beitrag einige Hintergrundinfos. Zu den anderen beide folgen in den kommenden Wochen weitere Infos.
Diese erste Tafel erinnert an ein Ereignis vom 03. August 1973. Sie befindet sich im Spicher Wald und zwar relativ nahe am Mauspfad, den man bei der Ausfahrt zum Spicher Waldstadion überqueren muss. Geht man durch ein kleines, unscheinbares Tor gelangt man auf einen Waldweg. Ca. 200m an der nächsten Weggabelung steht dieser Gedenkstein mit Gedenktafel:
So eine Info ist auch nach fast 50 Jahren immer noch schockierend. Sieben Todesopfer bei einem Verkehrsunfall - da möchte man schon genauer wissen, was da passiert wird.
Derzeit werden immer mehr Zeitungen digitalisiert und in Archiven bereit gestellt (Zeitpunkt NRW). Leider aus unserer Region noch nicht viel zu den Jahrgängen nach den 1950er Jahren. Aber das hier war ein überregionales Ereignis. In der "Honnefer Volkszeitung" wird am 06. August über das Ereignis berichtet:
Auffällig ist natürlich hier eine Abweichung: Der Artikel berichtet von acht Todesopfern - die Erinnerungstafel zeigt aber "nur" sieben Namen. Ob der Artikel nicht korrekt war oder ob ein Name auf der Erinnerungstafel fehlt, dass konnte ich nicht in Erfahrung bringen.
Allerdings ist einige Tage später, in einem kurzen Bericht zur Trauerfeier, von sieben Toten die Rede.
Vor Ort selbst deutet heute nichts auf ein solches Ereignis hin. Der Mauspfad ist ca. 200m entfernt. Aber die Belgischen Streitkräfte haben das Gebiet dort natürlich nach dem 2. Weltkrieg einige Jahrzehnte intensiv genutzt. Heute sieht man dort nur vereinzelt Jogger oder Spaziergänger. Eine Zeit lange war der Gedenkstein auch ein wenig von Vegetation überwuchert - er ist aber gut zu erkennen, wenn man sich dort in dem Bereich des Spicher Waldes bewegt.
Ergänzungen dazu: 2023 jährte sich dieses Ereignis zum 50. Mal. Troisdorf hat darin erinnert und es wurde in den Lokalzeitungen darüber berichtet:
Vor 50 Jahren: Sieben belgische Soldaten sterben 1973 in Spich bei Verkehrsunfall ⧉
Sieben belgische Soldaten sterben 1973 in Spich bei Verkehrsunfall ⧉
Unfall vor 50 Jahren ⧉
24. Juli 1945
Mord an drei Troisdorfer Bürgern
Diese Gedenktafel gehört eigentlich nicht zu Troisdorf, sondern zu Lohmar, ist aber Teil einer gemeinsamen Stadtgeschichte, weil sie sich quasi im Grenzgebiet zwischen den beiden Städten befindet. Wer sich nördlich des Aggerstadions auf Wanderschaft Richtung Wahner Heide begibt, der begegnet auf dem Wanderweg, der die Wahner Heide nach Osten abschließt, diesem sehr großen Gedenkkreuz, auf dem mittig diese Tafel angebracht ist. Dieses Gedenkkreuz wurde 2020 aufgestellt und man mag sich fragen, warum an diese Tat auch nach so vielen Jahren erinnert werden soll.
In einem lesenswerten Artikel "In Memoriam" von Erwin Henseler wird der Grund deutlich. Es war ein Ereignis, das unsere ganze Region geprägt hat und das über die Generationen weitergegeben wurde und in Erinnerung geblieben ist. Den Link zu diesem Artikel finden Sie am Ende dieses Beitrages.
Die drei Männer waren am frühen Morgen auf dem Weg zur Arbeit. Ihr Arbeitsplatz war in Troisdorf bei einer Firma, die später als "Dynamit Nobel" die Troisdorfer Stadtgeschichte prägte. Das Kriegsende lag erst wenige Wochen zurück. Zu dieser Zeit war es gefährlich, in den Wäldern rund um Troisdorf unterwegs zu sein. Ehemalige Zwangsarbeiter, die in den Bewohnern der Umgebung das "Tätervolk" sahen, hatten nichts zu verlieren. "Homo homini lupus" - wenn der Mensch auf seine niederen Instinkte zurückgeworfen ist und nichts mehr zu fressen hat, dann ist der Mensch des Menschen Wolf. So etwas muss hier passiert sein. Für die Fahrräder der drei Männer und ein paar Groschen wurden sie 24. Juli 1945 nahe dem Güldenbach bestialisch ermordet.
Geht man dort heute vorbei oder macht dort eine Radtour, dann kann man sich das überhaupt nicht vorstellen, dass es mal so eine Zeit gegeben hat. Diese Strecke ist Idylle pur - ein dreifacher Mord aus niedersten Beweggründen - absoluter Kontrast zu diesem beliebten Weg für Spaziergänge am Wochenende. Eben deswegen, kann so eine Erinnerung wichtig sein. Wer Erinnerungen wach hält zeigt auch den Teil unserer Geschichte auf, den man sich heute nicht mehr vorstellen kann.
Alle Hintergründe hier: In Memoriam an den 24. Juli 1945 ⧉.
24. August 1944
Am 24. August 1944 werden drei junge Luxemburger in Troisdorf nahe der Agger am "Ulrather Hof" hingerichtet. Die drei Opfer hießen Marcel Charpantier, Jean Buck und Camille Koerner. Die ist der 3. Teil der Serie "Troisdorfer Erinnerungstafeln".
Auch bei dieser Gedenktafel deutet nach so vielen Jahrzehnten nichts mehr auf diese Tat hin. Die Gedenktafel ist an einer unter Denkmalschutz stehenden Mauer angebracht. Diese Mauer gehört zu den Resten des "Ulrather Hof", der 1964 abgerissen wurde. Genau an dieser Stelle wurden die drei jungen Luxemburger Opfer des Faschismus. Sie hatten sich geweigert für Deutschland in den Krieg zu ziehen und wurden zunächst zum Tode verurteilt - dann wurden die Todesurteile in Haftstrafen umgewandelt.
Als am 20. Juli 1944 zwei luxemburgische Deserteure in der Stadt Junglinster einen SS-Ortsgruppenleiter erschossen, ordnete Himmler die Erschießung von zehn unbeteiligten luxemburgischen Häftlingen in deutschem Gewahrsam an. Drei von ihnen waren die Opfer, die hier an diesem Ort hingerichtet wurden. Dieses Attentat steht in keinem direkten Zusammenhang mit den Stauffenberg Attentat auf Hitler an demselben Tag.
Das Ereignis ist sehr gut im Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreise 1994 dokumentiert. 1994 hatte sich das Ereignis zum 50. Mal gejährt. In diesem Bericht wird die kurze Lebensgeschichte aller drei jungen Luxemburger erzählt, die sich geweigert hatten, der deutschen Wehrmacht zu dienen. Einer von ihnen, Jean Buck, war kurzzeitig an der Ostfront eingesetzt, dann aber bei einem Hafturlaub desertiert. Die anderen waren auch in Widerstandsgruppen tätig.
Erst am Morgen des 23.08.1944 wurde die Opfer einzeln von der anstehenden Hinrichtung unterrichtet. Man gewährte ihnen geistlichen Beistand und erlaubte ihnen, einen Abschiedsbrief zu schreiben. Von Jean Buck ist dieser Abschiedsbrief erhalten und in dem erwähnten Jahrbuch abgedruckt. Er zeugt von großer Gefasstheit in den letzten Minuten.
Auszüge aus dem Jahrbuch des Rhein-Sieg Kreises 1994
Die drei wurden schließlich von sechs Schützen eines Exekutionskommandos erschossen, wobei einer der Schützen nachweislich in die Luft geschossen hat. Marcel Charpantier war sofort tot. Die anderen beiden sackten gemeinsam, Arm in Arm zusammen und starben kurz nach den Schüssen. Nach Charpantier und Camille Koerner wurden in Siegburg auch Straßen benannt.